Um die Bewahrung der unterschiedlichen ungarndeutschen Traditionen in den Gemeinden zu schützen, braucht man „nur” eine engagierte, aktive örtliche Gemeinschaft, und schon ist ihr Fortbestand gesichert. Wenn eine Dokumentation vorhanden ist oder Zeitzeugen noch leben, kann man sogar diese von ihnen neu „erlernen” und wiederbeleben. Nicht nur bestimmte Bräuche, sondern auch die Ortsdialekte sind einzigartig. Nach der Ansiedlung der Deutschen bildete sich in jeder Siedlung eine ortsspezifische Mundart heraus, die praktisch nirgendwo anders auf der Welt gesprochen wurde.
Die Bewahrung von vielen dieser deutschen Dialekte ist leider unmöglich, da mit ihren letzten Sprechern auch sie langsam aussterben. Zum Glück haben in den vergangenen Jahren viele Dorfgemeinschaften dieses Gefahr erkannt, und sich nicht nur mit der Bewahrung der alten ungarndeutschen Volksbräuche, Volkslieder, Volkstänze, Trachten oder Rezepte, sondern auch mit der Aufzeichnung der örtlichen Mundart beschäftigt. Dieses Buch aus Berkina ist das Ergebnis der mühevollen dreijährigen Sammelarbeit von Anna Gill geb. Genzelmann. Das Werk war ursprünglich als Mundartwörterbuch erdacht worden. Die Autorin hat die Wörtersammlung mit einer Dokumentation der Traditionen, mit Archivaufnahmen und – zur Illustration der Traditionen – neu erstellten Farbfotos ergänzt und das Werk schließlich 2017 als ortsmonografisches Lesebuch publiziert. Die hier vorgestellte 2018 herausgegebene, erweiterte zweite Ausgabe beinhaltet mehr als 200 Seiten und fast 300 Bilder, von denen die meisten Farbfotos sind, die das frühere Leben und Traditionen der ungarndeutschen Dorfbewohner darstellen. Im ersten Teil des Buches befindet sich ein Mundartwörterbuch, aus dem zweiten kann man über die bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts gelebte ungarndeutsche Vergangenheit erfahren. Das einzigartige Buch wurde in ungarischer Sprache und in der ortstypischen ostfränkischen Mundart verfasst. Berkina ist den meisten Menschen höchstens als Touristenziel im Pilsner Gebirge am Rande vom Komitat Naurad bekannt. Als Touristenattraktion der Gemeinde gilt ihre wunderschöne Blutpflaumenallee, die ins Dorf führt und die einheimischen sowie die Reisenden jedes Frühjahr mit einer herrlichen Blumenpracht verzaubert. Wer dieses Buch liest, kommt auch dem einstigen Berkina näher, und wird dadurch nicht nur im Frühjahr von dieser bezaubernden ungarndeutschen Siedlung inspiriert.
Das Buch empfehlen wir allen, die sich neben der örtlichen Mundart von Berkina auch für die Traditionen und die Beschreibung des einstigen Lebens in dieser fabelhaften ungarndeutschen Siedlung interessieren.
Gill Józsefné: Berkenyei sváb szótár és múltidézés
(Anna Gill geb. Genzelmann: Schwäbisches Wörterbuch und Wiederbelebung der Erinnerungen von Berkina)
Berkenye: Berkenyei Német Nemzetiségi Önkormányzat, 2018. (második, bővített kiadás)
208. S., Ill.
Sprache: ungarisch, ostfränkische Ortsmundart
Die empfohlenen Bücher sind in der Sammlung der Ungarndeutschen Bibliothek – wenn nichts weiteres Angegeben – nur zur Leihe zugänglich.
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