Den Auflösungsvorgang der sozialistischen Systeme der Ostblockstaaten im Ostmittel- und Osteuropa Ende der 1980er Jahren nennt man kurz Wende, die eine der spannendsten Perioden des 20. Jahrhunderts der europäischen Geschichte ist. Nicht anders war es auch in Ungarn, was auch für die Ausbildung der kulturellen Autonomie der Ungarndeutschen bedeutende Chancen bereitstellte. Dabei spielte – und spielt auch heute noch – die finanzielle, politische und kulturelle Unterstützung der BRD eine wesentliche Rolle.
Dieses Fachbuch nimmt vor allem die Epoche zwischen 1987 und 1990 unter die Lupe, also die Wendezeit, als die geschichtlichen Ereignisse sich so beschleunigt haben, dass die Änderungen auch seitens politischer Entscheidungsträger kaum zu folgen waren. Die Aufarbeitung und Analyse der westdeutsch-ungarischen politisch-diplomatischen Beziehungen und die Aufarbeitung des ungarischen Reformprozesses bzw. die Frage der deutschen Vereinigung wurde bislang in keinem einheitlichen Band wie dieser behandelt. Andreas Schmidt-Schweizer, dem Verfasser des Buches, ermöglichte eine zwölfjährige Forschungstätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Geschichtswissenschaft des Zentrums für Humanwissenschaften der Ungarischen Akademie der Wissenschaften in Budapest das Thema eingehender zu erforschen und letztlich dieses Werk herauszugeben. Bei seiner Arbeit wurde er unter anderem von Historikern wie Ferenc Glatz, Gerhard Seewann und Ágnes Tóth unterstützt. Der Forschung dienten sogar kostbare Informationen in Form von Gesprächen mit István Horváth, dem ehemaligen ungarischen Botschafter in Bonn, der sogar Dokumente aus seinem Privatarchiv zur Verfügung stellte.
So entstand dieses Werk, das in zwei größere Einheiten aufgegliedert ist. In der ersten sind zwei größere Kapitel zu finden. Das erste trägt den Titel Rückblick auf die westdeutsch-ungarischen Beziehungen 1949 bis 1987, das zweite Die politisch-diplomatischen Beziehungen, zur Zeit der politischen Wende in Ungarn, der DDR-Flüchtlingswelle und des deutschen Vereinigungsprozesses zwischen 1987 und 1990.
Im nächsten, größeren Teil des Buches finden wir auf gut 480 Seiten Dokumente aus der Epoche 1987-1990. Darunter ist auch das Dokument Westdeutsch-ungarische Erklärung über ein Sonderprogramm zur Förderung der deutschen Minderheit und der deutschen Sprache in Ungarn vom 7. Oktober 1987, das eine unmittelbare Auswirkung auf die Identitätspflege und das Unterrichtswesen der Ungarndeutschen hatte, zu lesen.
Wir empfehlen das Buch Allen, die sich für geschichtliche Themen interessieren und mehr über die Hintergründe erfahren möchten, die auch das Leben, die Kontaktmöglichkeiten und Identitätspflege der in Ungarn gebliebenen und der in die BRD vertriebenen Ungarndeutschen zwischen 1949 und 1990 beeinflussen konnten.
Andreas Schmidt-Schweizer (Hrsg.): Die politisch-diplomatischen Beziehungen in der Wendezeit 1987-1990
Quellen zu den Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Ungarn 1949-1990 ; Band 3
Berlin : De Gruyter Oldenbourg, 2018.
744 S.
Sprache: Deutsch
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