Anlässlich des Gedenktages der Verschleppung und Vertreibung der Ungarndeutschen stellen wir einen Studienband vor, in dem Forscher über die Situation von Familien berichten, die infolge der Ereignisse nach dem Zweiten Weltkrieg nicht verschont wurden.
Diesmal wollte sich das Institut für Ethnographie an der ELTE den diktatorischen Entscheidungen des sozialistischen Regimes bzw. deren Folgen und Auswirkungen aus einer anderen Perspektive nähern. Die Konferenz „Család és kitelepítés a II. világháború utáni Közép-Kelet-Európában” (Familie und Vertreibung in Mittel- und Osteuropa nach dem Zweiten Weltkrieg), die vom 9. bis 11. Juni 2021 stattfand, stellte neben der Situation in Ungarn auch ähnliche historische Ereignisse in den Nachbarländern (heute Slowakei, Rumänien, Serbien, Kroatien) vor. Die an der Tagung gehaltenen Vorträge wurden in diesem Band veröffentlicht, zusammen mit einigen Aufsätzen mit ähnlichen Themen.
Von den Repressalien der Kriegsjahre bis in die 90er Jahre bietet der Band Studien zu dem, woran im Falle von den nationalen Versionen von Vertreibung und Umsiedlung, Sündenbocksuche oder ideologischem Dissens erinnert wurde und wird. Im Mittelpunkt stehen die verletzlichen Familien und die Auswirkungen der Malenkij Robot, der Verfolgungen und Einschüchterungen auf sie. Neben den Ereignissen und ihren Folgen beschäftigten sich die Forscher auch mit Fragen des Schicksals: Was trugen die Verfolgten mit sich, was gaben sie an ihre Nachkommen weiter, und wie gingen sie mit der Unaussprechlichkeit des Schrecklichens im Wandel der Zeit um? Die Vorträge nutzen sozialgeschichtliche Quellen und Methoden sowie die Erinnerungen, Erfahrungen und Erlebnisse der Familien und ihrer Mitglieder, wie sie sich mit den Ereignissen auseinandersetzen. Ziel der Publikation ist es, die Aufmerksamkeit eines breiteren Publikums, der Nachwelt, auf die Völker des Karpatenbeckens zu lenken, die unabhängig von Ethnikum, Konfession, Status oder kulturellem Erbe ein gemeinsames, oft tragisches Schicksal über Staatsgrenzen hinweg teilten.
Die betroffenen Familien sollen Zeit für die Aufarbeitung dieser Traumen nehmen, denn manchmal war es ein Familienmitglied, das für andere kämpfte und versuchte, deren Leben zu retten oder zu verbessern, aber jede Krise bestimmte das Leben, die Möglichkeiten und das Denken der nächsten Generation.
Wir empfehlen unseren Lesern diesen Studienband, in dem die Forscher das Erbe der gemeinsamen Erfahrungen der Generationen, das Sozial- und Selbstbild thematisieren und versuchen das einst Unaussprechliche zu artikulieren.
Családok a kitelepítések árnyékában. Tanulmánykötet (Familien im Schatten der Aussiedlungen. Studienband)
Herausgeber: János Bali, Zita Deáky, Gabriella Vámos
Budapest : ELTE BTK, 2022
468 Seiten
Sprache: Ungarisch
Die empfohlenen Bücher sind in der Sammlung der Ungarndeutschen Bibliothek – wenn nichts weiteres Angegeben – nur zur Leihe zugänglich.
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