Im Bestand der Ungarndeutschen Bibliothek befinden sich über 300 unterschiedliche ortsgeschichtliche Publikationen mit mehr als 500 Exemplaren, die zusammen eine unserer umfangreichsten Sammlungen ausmachen. Aus den Büchern auf den 12 Regalen dieser sich kontinuierlich erweiternden Sammlung können unsere Leser etwas Interessantes über fast alle ungarndeutschen Siedlungen erkunden. Viele dieser Werke zählen zu den rein geschichtlichen Ortsmonografien, andere zu den sog. Heimatbüchern. Es gibt in der Sammlung aber auch solche, die mit amüsanten Interviews den Leser ermuntern, oder als ortsmonografisches Lesebuch definiert werden können. Studien- bzw. Tagungsbänder gehen eher einer speziellen Thematik nach und haben selten nur eine einzige Siedlung in ihrem Fokus.
Der hier vorgestellte ortsgeschichtliche Studienband zählt zu den letzteren. Er ist schon der zweite als solcher über Großturwall von der deutschen Selbstverwaltung herausgegeben worden. Der 2016 herausgegebene erste Band ist auch Teil unserer Sammlung. Wie der erste, so auch der zweite Band – erschienen im Jahre 2017 – ist sehr anspruchsvoll gelungen. Er beinhaltet zwei in ungarischer und zwei in deutscher Sprache verfasste Studien. Diese wurden jeweils mit einer deutschen bzw. ungarischen Zusammenfassung ergänzt. In der ersten, in Deutsch verfassten Studie von Dr. Erika Csébfalvi-Szalai kann man nicht nur über die einstigen Sitten und Bräuche im Jahreslauf lesen, sondern auch darüber, wie diese heute weiterleben. Die Studie von Ildikó N. Császi stellt uns in ungarischer Sprache die sich mit der Zeit wandelnden geografischen Namen von Großturwall ausführlich vor. Nicht weniger aufschlussreich ist die ebenfalls in ungarischer Sprache abgefasste Studie von Vendel Pettinger-Szalma, in der die nationale und konfessionelle Zusammensetzung der Siedlung sowie die der umliegenden Ortschaften zwischen 1800 und 1960 untersucht wird. In der in Deutsch verfassten abschließenden Studie von Ágnes Simon kann man über die Geschichte und Integration der Großturwaller Vertriebenen in Baden-Württemberg lesen. Diese Arbeit basierte auf einem mit acht Gewährspersonen im Jahre 2011 erstellten Fragebogen und zusätzlichen Interviews. Die Zeitzeugen haben damals den Einheimischen in Deutschland immer betont, dass sie keine Flüchtlinge oder Ausgesiedelte, sondern Heimatvertriebene sind. Anfangs hatten sie jedoch – auch trotz ihrem Fleiß, ihrer Ausdauer und ihren Sprachkenntnissen – enorme Integrationsprobleme. Was sie aus der einstigen Großturwaller Kultur, Sprache und Identität aufbewahrt haben, wie sie damit heute umgehen, erschließt sich letztlich auch aus dieser Studie.
Diesen ortsgeschichtlichen Studienband empfehlen wir allen, die sich – aus Eigeninteresse oder Forschungszwecken – für die Großturwaller Ungarndeutschen interessieren.
Vendel Pettinger-Szalma – Balázs Szalma (Red.):
Eine ehemals deutsche Ortschaft im Schatten der Hauptstadt II. Ortsgeschichtliche Studien über Törökbálint
Großturwall : Deutsche Selbstverwaltung
201. S., Ill.
Sprache: Deutsch und Ungarisch
Die empfohlenen Bücher sind in der Sammlung der Ungarndeutschen Bibliothek – wenn nichts weiteres Angegeben – nur zur Leihe zugänglich.
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