Die Ungarndeutsche Bibliothek empfiehlt diese Woche ein Handbuch, das vor allem einen umfassenden Überblick über die Medien und Praktiken, die den deutschen Vertreibungsdiskurs seit Jahrzehnten dominieren, bzw. Einblicke in das Wiederaufleben und die Konflikte der deutschen Erinnerungsgeschichte nach 1945 bieten will.
Die sog. Erinnerungsmethoden, die die Erinnerung erleichtern, spielen eine wichtige Rolle bei der Vermittlung des kollektiven Gedächtnisses. Eine Ausstellung, ein Denkmal, ein gedrucktes, literarisches oder filmisches Kunstwerk, ein Gedenktag oder eben Straßennamen können nicht nur Bewahrer und Übermittler der Erinnerung, sondern auch deren Mitgestalter sein. Diese haben unterschiedliche Ziele und Herangehensweisen sowie eigene Stile, um die Bedeutung des Gedenkens und die Notwendigkeit des Erinnerns zu unterstreichen.
Neben den Herausgebern haben elf weitere Forscher an dem Buch mitgewirkt, das insgesamt fünfunddreißig Artikel enthält. Alle Beiträge sind in das Thema „Flucht und Vertreibung” eingebettet.
Wer sind die Personen, Institutionen und Verbände, die die Medien der Erinnerung finanzieren bzw. nutzen, und mit welchen Absichten? Inwieweit beeinflussen die formalen Merkmale des Erinnerns das Publikum? Welches ist das Zielpublikum und wie kann seine Aufmerksamkeit erregt werden? Diese sind einige der Fragen, die im Band behandelt werden. Wir können uns über die in der BRD und im Gegensatz dazu in der DDR ausgestrahlten Filme und Fernsehsendungen, aber auch über die veröffentlichten belletristischen Werke informieren, des Weiteren uns mit der Erinnerungskultur nach 1945 bis hin zu den 2010er Jahren im Land auseinandersetzen.
Es gab eine Zeit, in der es verboten war, über bestimmte Themen, Ereignisse oder Personen zu sprechen, ihr Andenken zu bewahren. Der vorliegende Aufsatzband gibt einen Einblick in diese Zeit im Nachkriegsdeutschland. Wir empfehlen dieses Buch allen, die sich mit der Zensur des historischen Gedächtnisses eingehender beschäftigen möchten.
Stephan Scholz, Maren Röger, Bill Niven (Hg.): Die Erinnerung an Flucht und Vertreibung. Ein Handbuch der Medien und Praktiken
Herausgeber: Verlag Ferdinand Schöningh GmbH, Paderborn, 2015
452 Seiten
Sprache: Deutsch
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