Wéber Krisztina: Hoztam utat

Umschlag des Buches

Unsere Gegenwart setzt sich immer aus verschiedenen Ereignissen der Vergangenheit zusammen. Um die eigene, ungarndeutsche Identität besser zu verstehen, lohnt es sich auch, nicht nur mit dem Schicksal der eigenen Familie, sondern auch mit der Vergangenheit der ganzen Volksgruppe eingehender auseinanderzusetzen.

Die Autorin des hier empfohlenen, 2021 herausgegebenen Buches versuchte auch bestimmte Teilgebiete der ungarndeutschen Vergangenheit zu beleuchten, die nach ihrer Ansicht bislang weniger oder nicht klar behandelt wurden.

 

 

 

 

 

 

In den ersten vier Kapiteln beschäftigte sie sich mit den Ursachen, Umständen und dem Ablauf der in mehreren Wellen erfolgten Ansiedlung der Deutschen in Ungarn. Hier versuchte sie einerseits bestimmten Prozessen in Ungarn, andererseits den Herkunftsgebieten der Ansiedler nachzugehen. So wurden nicht nur die Befreiungskriege gegen die Türken und die Freiheitskämpfe von Thököly und Rákóczi gegen die Habsburger auf ungarischem Boden, sondern auch die Kriege auf deutschem Boden behandelt. Die letzteren führten zu Hungersnöten, Armut, Epidemien und zur machtpolitischen Unsicherheit. Wie auch im von den Historikern Gerhard Seewann und Michael Portmann verfassten Buch Donauschwaben • Deutsche Siedler in Südosteuropa zu lesen ist, betont auch Wéber, dass die Ansiedler nicht selten über ein Vermögen von 200 Gulden verfügen mussten, um überhaupt die Reise antreten zu können. Außerdem war die Ansiedlung ein streng geregelter Prozess. Dazu brachten die Kolonisten neue Kenntnisse, Geräte und Techniken mit, mit denen sie weite Gebiete des verödeten Ungarnlandes durch harte Arbeit wieder fruchtbar machen konnten.

Die Autorin schrieb über die Ansiedlung der Lutheraner und das Aufblühen von Hartau in einem einzigen, längeren Kapitel. Hier kann man über die Umständen lesen, unter welchen die ersten Kolonisten ankamen und einen Kontrakt mit den kalvinistischen Grundherrn Graf Paul Ráday schlossen. Am Anfang des 18. Jahrhunderts waren die Umstände noch ärmlich, die ersten Siedler mussten das ganze Dorf aus dem Nichts aufbauen und die Felder urbar machen. Ein Drittel der Bevölkerung machten die Kalvinisten, zwei Drittel die Lutheraner aus, die damals auch nur noch ein Gebetshaus hatten, und erst am Ende des Jahrhunderts eine Kirche bauten. Hundert Jahre später finden wir in dem Gebiet schon eine blühende Siedlung mit wohlhabenden ungarndeutschen Einwohnern, die in einem Dorf lebten, das zugleich zu einem der Zentren der Möbelherstellung und Möbelmalerei im ganzen Land wurde.

In den letzten zwei Kapiteln können wir über die wechselhafte und tragödienreiche erste Hälfte des 20. Jahrhunderts lesen, in der es zugleich um das abenteuerliche Leben des lutherischen Seelsorgerssohns und Malers, Tibor Gallé, geht. Im Ersten Weltkrieg geriet er in russische Gefangenschaft, und kam erst 1920 dank seiner Entschlossenheit und durch den Verkauf seiner während der Gefangenschaft geschaffenen Werke aus dem fernen Wladiwostok mit einem Schiff nach Hause. Erst danach konnte er seine Geliebte Emma Wedl heiraten und sich mithilfe seiner Ausdauer und Kreativität als Maler in der Zwischenkriegszeit entfalten.

Dieses Buch ist allen empfehlenswert, die neben den Umständen der Ansiedlung der Deutschen in Ungarn auch darüber lesen möchten, wie die protestantischen Ungarndeutschen eines Dorfes einen gewissen Wohlstand erreichten, und ihre Siedlung nicht nur durch die Möbelmalerei berühmt wurde.

Wéber Krisztina: Hoztam utat. Ha tudni akarod ki vagy, tudnod kell honnan jöttél, hogy láthasd hova érsz
(Ich habe den Weg gebracht. Wenn du wissen möchtest, wer du bist, du musst wissen, woher du kommst, damit du sehen kannst, wo du ankommst)
[Pilisvörösvár] : Időjel Kiadó, 2021
224.S., Ill.
Sprache: Ungarisch

Die empfohlenen Bücher sind in der Sammlung der Ungarndeutschen Bibliothek – wenn nichts weiteres Angegeben – nur zur Leihe zugänglich.
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