Wenn der Name Visegrád in einem Gespräch vorkommt, fällt bestimmt vielen die Burg auf der Bergspitze an der Donau und die wunderschöne Landschaft der Donauknie ein. In manchen kommen vielleicht schöne Erinnerungen aus den Schulzeiten auf, als der Schulausflug in die Hauptstadt auch mit der Besichtigung der Festung in Visegrád verknüpft wurde. Vielen würde bestimmt noch das 1991 in der Stadt geschlossene Bündnis der Länder Polen, Ungarn und der Tschechoslowakei einfallen, das heute mit der unabhängigen Tschechien und Slowakei V4 heißt. Nur die Wenigsten würden an die Siedlung selbst denken, obwohl deren Geschichte auch sehr interessant ist. Die Ortsbezeichnung stammt aus dem Slawischen više grad aus dem 9. Jahrhundert und bedeutet hohe Burg. Der deutsche Name der Siedlung ist interessanterweise Plintenburg und ist somit keine ausspracheähnliche Entlehnung, wie es bei den meisten Ortsnamen in Ungarn (wie z. B. Werischwar/Pilisvörövár, Nimmesch/Himesháza oder Wudigeß/Budakeszi) üblich ist.
Der Autor dieses Buches hat als Hauptthema die Geschehnisse der Stadt im 18. Jahrhundert genommen. Ihre neuzeitliche Geschichte nahm mit der Befreiung der – damals schon unbewohnten – Siedlung durch die hiesigen Schlachten gegen die Türken in den Jahren 1684-85, und mit der Rückeroberung von Ofen im Jahre 1686 ihren Anlauf. Nicht nur zur Befreiung Ungarns trugen die Deutschen in den Reihen der christlichen Truppen aus deutschem Sprachgebiet wesentlich bei. Auch die Fruchtbarmachung der verödeten, von den Türken 150 Jahre lang besetzten Gebiete des Landes im 18. Jahrhundert ist größtenteils deutschen Kolonisten und dessen Nachfahren zu verdanken. So geht es in diesem Buch nicht um die Geschichte der von den Touristen bekannten Festung oder des mittelalterlichen Palasts, sondern darum, wie aus Plintenburg wieder eine von Menschen bewohnte Ortschaft wurde, wobei die deutschen Kolonisten auch eine wesentliche Rolle spielten. Das Buch fängt mit einem Kapitel an, in dem die Gründe und Umstände der Kolonisation der Deutschen in Ungarn umfassend und kurz beschrieben werden. Die Neubesiedlung von Plintenburg und dessen Gegend wird in den kommenden Kapiteln erörtert. Es stellt sich auch heraus, dass die Bewohner eher von Forstwirtschaft, Schifffahrt und Handwerk lebten. Eine beträchtliche Nutzung der Felder oder eine bedeutsame Viehzucht war wegen der geografischen Lage der Siedlung ungünstig und auch unmöglich. Berichtet wird weiterhin über eine Wassermühle und die kurzfristige Existenz eines Silberbergwerkes. Die Texte – wie auch der Umschlag des Buches – wurden sehr anspruchsvoll illustriert. So auch der letzte, längere Kapitel über die religiöse und geistliche Kultur während der Barockzeit in Plintenburg. Hier befinden sich auch Farbfotos über verschiedene Funde archäologischer Ausgrabungen, die uns nicht nur über die Eigentümlichkeiten des religiösen Lebens und der Bestattung, sondern auch über die Handelsbeziehungen und Alltage der Bewohner erzählen. Bei der Erstellung des Buches wurde auch an denen gedacht, die die ungarische Sprache nicht so gut beherrschen, so endet das Buch mit einer deutschen und englischen Zusammenfassung.
Dieses anspruchsvoll illustrierte Buch empfehlen wir allen, die einen umfassenden Überblick über die zum Teil auch von deutschen Kolonisten erfolgte Neubesiedlung von Plintenburg anhand der Geschichte der Gebäuden und archäologischer Funde erhalten möchten.
Kováts István: Németek és magyarok Visegrádon a 18. században
(Ungarn und Deutsche in Visegrád im 18. Jahrhundert)
Visegrád : Mátyás király Művelődési Ház és Városi Könyvtár, 2020.
100. S.,Ill.
Sprache: Ungarisch, mit einer kurzen deutschen und englischen Zusammenfassung
Die empfohlenen Bücher sind in der Sammlung der Ungarndeutschen Bibliothek – wenn nichts weiteres Angegeben- nur zur Leihe zugänglich.
Weitere Informationen: info@bibliothek.hu