Pfeiffer Gábor: Lábnyomok a sárban

Umschlag des Buches

Die Ungarndeutsche Bibliothek ist eine öffentliche Fachbibliothek. Folglich sind die Leser immer an der richtigen Stelle, wenn sie zum Beispiel nach Fachbüchern suchen, die die verschiedensten Bereiche der ungarndeutschen oder donauschwäbischen Thematik behandeln. Der Belletristikbestand, darunter der Romanbestand ist auch relativ groß, und wird langsamer, aber stetig erweitert. So bereitet es uns immer eine große Freude, wenn die Bibliothek um eine Neuerscheinung dieser Gattung reicher wird. Falls es dabei die ungarndeutsche Thematik behandelt wird, ist es noch erfreulicher, denn im Vergleich zu den Romanen, die von rumäniendeutschen oder aus dem ehemaligen jugoslawischen Banat oder Batschka stammenden Autoren geschrieben worden sind, ist die Zahl der ungarndeutschen Veröffentlichungen ziemlich gering. Zum Glück tauchten in der letzten Zeit immer wieder auch Laienautoren auf, die die Geschichten ihrer Vorfahren bearbeiten.

 

 

 

 

Auch Gábor Pfeiffer ist mit seinem ersten Roman Lábnyomok a sárban ein solcher „Eindringling in die ungarndeutsche Literaturszene”, in dem er je ein Stück Vergangenheit seiner ungarndeutschen Familienmitglieder aus Tscholnok verewigte. Dabei schöpfte er teilweise aus seiner eigenen Fantasie, verwendete Erzähltes von seinen Verwandten, aber auch Daten und Fakten aus der Familiengeschichte und der Großpolitik.

Drei längere Kapitel mit den Lebensgeschichten seiner Verwandten bilden die Hauptstränge im Roman. Sie sind zwar zeitlich und räumlich voneinander getrennt, „genetisch und kulturell gesehen” sind sie jedoch im Sinne der Tscholnoker ungarndeutschen Familienverwandtschaft des Autors miteinander verknüpft. In der Geschichte über Georg geht es um die Lebensgeschichte des jüngeren Bruders vom Großvater des Autors väterlicherseits. Es fängt mit der Kindheit in Tscholnok an und am Ende erfahren wir, wie Georg als gefangener SS-Soldat in einer ukrainischen Fabrik um das Überleben kämpft. Der junge Bursche denkt ständig an seine platonische Liebe, Theresia, eine in Ungarn gebliebene, verheiratete Schwäbin. Im höllischen Umfeld der Fabrik lernt er aber auch die wahre und schöne Realität der Liebe kennen. In der Geschichte über Rosa kann man dann über die jüngere Schwester der Großmutter des Autors mütterlicherseits lesen. Sie arbeitete zuerst als Dienstmädchen bei einer reichen jüdischen Familie in Budapest. Sie lebte später als verheiratete Frau in Wudigeß, wurde mit ihrer Familie enteignet und nach Westdeutschland vertrieben, wo sie weitere tragische Schicksalsschläge erleiden musste. In der Geschichte von Maria und Josef lernen wir die Eltern des Autors kennen. Hier können wir unter anderem über die erste Reise im Jahre 1965 zu den vertriebenen Verwandten in die BRD lesen. Die Beschreibung davon wird vermutlich bei vielen ungarndeutschen Lesern persönliche Gefühle und Erinnerungen wecken.

Dieses Werk wurde von einem Laienautor geschrieben, dem als Musiker die Bluesmusik zuvor näher lag als das Bücherschreiben. Mit diesem Roman hat Pfeiffer aber vielen Schicksalsgenossen aus den früheren Zeiten ein würdiges Denkmal gesetzt. Der Alltag der schwäbischen Dienstmädchen und Junggesellen in Budapest, die SS-Rekrutierung und Gefangenschaft im Zweiten Weltkrieg, die Tragödie der Budapester Juden im Holocaust, die graue Wahrheit des Sozialismus sowie der ungarndeutsche Alltag in Tscholnok wird in einem sehr gut lesbaren, mit zeitgenössischen Familienfotos illustrierten Buch realitätsnah geschildert. Im Text befinden sich sogar Mundartwörter und Sprüche. Man wünscht sich nur eine zukünftige deutsche Übersetzung und noch, dass er bzw. auch noch andere begabte Menschen ähnliche Werke schaffen.

Wir empfehlen den Roman allen, die interessante, spannende und doch realitätsnahe Geschichten über Ungarndeutsche aus Tscholnok lesen möchten, deren Schicksal mehrere Zehntausende teilen mussten.

Pfeiffer Gábor: Lábnyomok a sárban (Fußspuren im Matsch)
Szombathely : Szülőföld Kiadó, 2020.
351. S.,Ill.
Sprache: Ungarisch

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