Thomas Becker: Durch die Hölle. Nach einer wahren Begebenheit

Umschlag des Buches

Das Ende des Zweiten Weltkrieges und die Befreiung Ungarns brachten nicht allen den Frieden, denn diese waren zugleich der Beginn von Schicksalsschlägen für hunderttausende Ungarndeutsche. Die Angehörigen der Volksgruppe waren massenweise von den Tragödien der Verschleppungen zur Malenkij Robot in die Sowjetunion sowie den Enteignungen, Entrechtungen und Vertreibungen betroffen. Zu den brutalsten Vorgehensweisen bei der Vertreibung zählten die Gräueltaten des im Komitat Tolnau tätigen Ansiedlungsbeauftragten György Bodor.

 

 

 

 

 

Er war ein Mitglied der Nationalen Bauernpartei, wurde am 25. April 1945 nach Bonnhard/Bonyhád versetzt, und hat sich selbst gleich zum Regierungskommissar ernannt. Zu jener Zeit befanden sich auf dem Gebiet des Komitates tausende aus der Batschka evakuierte (praktisch vertriebene) Szekler. Sie kamen ursprünglich aus der Bukowina, und waren auf den während des Krieges wieder an Ungarn angeschlossenen Gebieten der Batschka angesiedelt. Sie mussten aber am Ende des Krieges evakuiert werden. Bodors Hauptziel war, dem „eigenen Szeklervolk” die Häuser und das ganze Vermögen der Schwaben so schnell wie möglich zu erteilen. Im Zeitraum vom 25. April bis Anfang Juni 1945 hatte er aus 25 Gemeinden mehr als 4300 ungarndeutsche Familien vertrieben, um die mehr als 2400 Szeklerfamilien ansiedeln zu können. Um die „Aktion” effektiver zu machen, hatte er Internierungslager für die Schwaben errichtet, eins auch in Lendl/Lengyel, das praktisch als Konzentrationslager fungierte.

In dem hier empfohlenen, von Thomas Becker verfassten und 2021 von der Deutschen Selbstverwaltung Kleinmanok/Kismányok herausgegebenen Buch geht es um die Geschichte des unter den Verordnungen von Bodor errichteten Konzentrationslagers in dem Schlossgebäude von Lendl. Beckers Werk ist aus mehreren Aspekten besonders. Einerseits wurde das Lager in Form eines Kurzromans dargestellt, andererseits basiert er auf dem, was die Großmutter von Becker erzählt hat. Der Autor hat nur die Namen geändert. Er versuchte die ihm erzählte Realität so gut wie möglich wiederzugeben und die Erzählung auch mit Daten und Fakten in historischen Kontext zu versetzen. Die tragischen Geschehnisse können wir hautnah, aus der Perspektive der Leidenden verfolgen. Es geht vor allem um jüngere und ältere Frauen einer schwäbischen Familie, die trotz allerlei Fluchtversuche doch in das Konzentrationslager kommen. Die Schwaben werden von Polizisten und ihrem „Hilfspersonal”, den sog. „Szeklerburschen”, mit Knüppel und Fluchen aus dem Haus und ihrem Versteck in die Lendler Hölle gejagt. Mütter mussten sich von ihren Kindern trennen, Männer und Frauen wurden schlimmer als Tiere behandelt. Die unmenschlichen Umstände im Lager, Kälte, Hunger und Not, Vergewaltigung von Frauen, Beleidigung von Menschen werden im Buch beschrieben, wobei nur der Glaube an Gott und die Fluchtmöglichkeit die Hoffnung in den Menschen aufrecht halten.

Beckers Kurzroman ist keine leichte Bettlektüre, das Ziel des Autors war auf keinem Fall, den Leser mit Romantik, Bildhaftigkeit oder spannenden Wendungen zu „verwöhnen”. Er wollte mit seiner Erzählung die Aufmerksamkeit auf tausende Ungarndeutsche lenken, die in der Hölle des Lendler Schlosses litten.

Wir empfehlen dieses Buch allen, die über die tragischen Geschehnisse in einem für Ungarndeutsche errichteten Konzentrationslager anhand eines Kurzromans erfahren möchten.

Thomas Becker: Durch die Hölle. Nach einer wahren Begebenheit (Kurzroman, Gedichte)
Kismányok : Kismányoki Német Önkormányzat, 2021.
215.S., Ill.
Sprache: Deutsch

Die empfohlenen Bücher sind in der Sammlung der Ungarndeutschen Bibliothek – wenn nichts weiteres Angegeben – nur zur Leihe zugänglich.
Weitere Informationen: info@bibliothek.hu