Enikő Dácz (Hg.): Räumliche Semantisierungen

Die Ungarndeutsche Bibliothek stellt diese Woche wieder einen Studienband ihren Lesern vor, der ein bestimmtes Segment der deutschsprachigen Literatur in Mittel- und Südosteuropa im 20. und 21. Jahrhundert zeigt. 

Das Buch untersucht die Vielfalt literarischer Darstellungen der Räumlichkeit, mit besonderem Augenmerk auf die kulturellen und historischen Besonderheiten der Region. Der Begriff der „räumlichen Semantisierungen“ legt nahe, dass der Raum in literarischen Werken nicht nur als physische Umgebung dargestellt wird, sondern auch als ein mit Bedeutungen und Symbolen gesättigtes Konstrukt. In den Aufsätzen dieses Bandes wird untersucht, wie diese Räume konstruiert werden, welche erzählerischen und stilistischen Mittel die Schriftsteller zu ihrer Darstellung verwenden und welche Rolle sie für den Ausdruck von kultureller Identität, Erinnerung und Alterität (Andersartigkeit) spielen.

Die Autorinnen und Autoren der Studien stammen aus verschiedenen Ländern – Deutschland, Kroatien, Rumänien, Ungarn, Slowenien und den Vereinigten Staaten -, was eine vielfältige und interdisziplinäre Herangehensweise gewährleistet. Besonderer Fokus liegt auf der räumlichen Darstellung von kulturellen Begegnungen und Konzepten von Identität und Anderssein in deutschsprachigen literarischen Texten und im regionalen literarischen Leben. Ein zentrales Thema des Bandes ist die Darstellung von fiktionalen Wirklichkeitsmodellen und der Peripherie. Die Beiträge gehen der Frage nach, wie periphere Räume in der Literatur erscheinen, und wie Autoren sie durch erzählerische Mittel konstruieren. Die Analysen zeigen, dass die Peripherie nicht nur ein geographisches Konzept ist, sondern auch kulturelle und soziale Bedeutungen hat, die in literarischen Texten auf unterschiedliche Weise artikuliert werden.

Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt des Buches ist die räumliche Darstellung von Erinnerungsprozessen. In den Beiträgen wird analysiert, wie Raum und Erinnerung in literarischen Texten miteinander verbunden sind und wie räumliche Erzählungen zur Konstruktion des individuellen und kollektiven Gedächtnisses beitragen. Dies ist insbesondere für die Region Mittel- und Südosteuropa relevant, wo historische Ereignisse und kulturelle Vielfalt komplexe Erinnerungslandschaften geschaffen haben. In den Beiträgen wird aufgezeigt, dass der Raum nicht nur der Schauplatz von Handlungen, sondern auch ein aktiver Akteur in literarischen Erzählungen ist, der die Bedeutung und Interpretation von Texten formt und bestimmt.

Wir empfehlen dieses Buch mit eingehenden Analysen allen, die sich für räumliche Darstellungen und kulturelle Identität in der Literatur interessieren.

Enikő Dácz (Hg.): Räumliche Semantisierungen. Raumkonstruktionen in den deutschsprachigen Literaturen aus Zentral- und Südosteuropa im 20.–21. Jahrhundert
Regensburg: Verlag Friedrich Pustet, 2018
287 Seiten
Sprache: Deutsch

Die empfohlenen Bücher sind in der Sammlung der Ungarndeutschen Bibliothek – wenn nichts weiteres Angegeben- nur zur Leihe zugänglich.
Weitere Informationen: info@bibliothek.hu