Der dritte Roman von Judit Kováts handelt diesmal von der deutschen Minderheit, zu den Zeiten nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Autorin veröffentlichte 2019 das Ergebnis einer langen Forschungszeit beim Magvető Verlag in der Form einer fiktiven Geschichte. Das Buch steht nun auch in der Ungarndeutschen Bibliothek zur Ausleihe.
Die Hauptfigur der Geschichte ist Lili Hartmann, ein 17-jähriges Zipser Mädchen aus der Stadt Käsmark in Oberungarn. Nach dem Krieg gehören sie und ihre Familie zu den 12 Millionen deutschsprachigen Menschen in Mittel- und Osteuropa, die aufgrund der Kollektivschuld aus ihrer Heimat vertrieben werden. Die Figuren in diesem Buch sind zwar fiktiv, aber ihre Geschichte könnte durchaus wahr sein, denn die Geschichte bezeugt, dass unsere Vorfahren solche Entbehrungen erleiden und dennoch überleben konnten.
Die Handlung ist aus der Sicht von Lili geschrieben, durch die Augen eines jungen Mädchens lernt der Leser die Welt von damals kennen und alles, was sie auf ihrer langen Reise erleiden muss. Das Buch handelt nicht von den Deutschen in der Zips, sondern vom Leben einer auseinander gerissenen Familie, die ihr Schicksal in der Hoffnung auf das Wiedersehen erträgt und versucht, unter allen Umständen Mensch zu bleiben. Lilis Mutter und ihre schwangere Schwester sind gezwungen, sich gemeinsam auf die Flucht zu begeben, ohne zu wissen, wo sich ihre Ehemänner aufhalten. Zu Beginn der Geschichte, im Jahr 1944, wird Lili eines Tages mit den deutschen Schülern und Lehrern aus ihrer Schule in einen Bus gesetzt und weiß, dass sie nie wieder nach Hause zurückkehren wird.
Die überlebenden Familienmitglieder treffen sich schließlich Jahre später in einem ehemaligen jüdischen Konzentrationslager wieder, da das neue Land keine Vertriebenen aufnimmt und es nicht genügend Wohnraum und Arbeit für die Ankommenden gibt, so dass sie gezwungen sind, in diesen Lagern unter unmenschlichen Bedingungen zu leben.
Diese Geschichte kann für jeden, unabhängig vom Alter und Geschlecht, lehrreich sein. Der Leser erfährt, wie und woraus ein junges Mädchen, zum Schluss eine Frau, immer wieder Kraft schöpfen konnte, um sie selbst zu bleiben, ihre Mitmenschen zu lieben, Trost zu spenden, sich in unmöglichen Situationen an eine schöne Erinnerung zu klammern, immer zu hoffen und niemals aufzugeben, sich schließlich zu verlieben und all ihr Leid ihres Lebens in einen Rucksack verpackt loszulassen und an einem ganz anderen Ort neu zu beginnen.
Kováts Judit: Hazátlanok (Heimatlosen)
Budapest : Magvető Kft. 2019
402 Seiten
Sprache: ungarisch
Die empfohlenen Bücher sind in der Sammlung der Ungarndeutschen Bibliothek – wenn nichts weiteres Angegeben – nur zur Leihe zugänglich.
Weitere Informationen: info@bibliothek.hu