Spricht man heute über den Donauraum, dann denkt er eher an eine Großregion Europas, die eine sowohl durch den Fluss, als auch durch neu gebaute Autobahnen und andere Verkehrswege verbundene immer mehr zunehmende Region ist, und seit der Wende 1989/90 kulturell und wirtschaftlich zusammengewachsen ist. In der Zeit der Römer war die Donau eher eine Grenze, die die Völker dieser Region politisch, wirtschaftlich und teils auch kulturell trennte, und während der Türkenherrschaft oft Zeugin verschiedener Schlachten war. Manche waren große Wendepunkte der europäischen Geschichte. Die südöstliche Machtausbreitung des Habsburgerreiches und sein Aufstieg zur europäischen Großmacht als Donaumonarchie begann eigentlich im Jahre 1683 mit der Schlacht am Kahlenberg, als die Belagerung Wiens von den Türken beendet wurde.
Das hier empfohlene Werk erschien 2017 als Ausstellungskatalog zur gleichnamigen internationalen Wanderausstellung des Instituts für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde und des Landesarchivs Baden-Württemberg. Wie es auch aus dem Titel zu erschließen ist, geht es hier um wertvolle, oft erstmals ausgestellte Karten von den Territorien des Donauraums im östlichen Europa, von denen die meisten um die Periode der Befreiungskriege gegen die Türken und der Ansiedlung der Deutschen in Ungarn erstellt worden sind. Die endgültige Befreiung Ungarns wurde durch den Frieden von Passarowitz 1718 besiegelt, der zugleich mit dem Friedensabkommen von Sathmar 1711 die stabile Entwicklungsmöglichkeit des Landes sicherte. Die ersten deutschen Kolonisten kamen eigentlich schon in der Zeit der Befreiung Ofens 1686 ins Land. Eine erfolgreiche und massenhafte Ansiedlung wurde allerdings erst im 18. Jahrhundert durch die erwähnten Friedensabkommen ermöglicht.
Das Werk gliedert sich in zwei größere Teile. Im ersten werden unterschiedliche Forschungsperspektiven in verschiedenen Aufsätzen behandelt. In diesen wird untersucht, wie Europa und die Europäer zu den Türken und Islam während ihrer gemeinsamen Geschichte standen und bis heute stehen bzw. wie sich diesbezüglich die Kartografie entwickelte.
Die Thematik der Ansiedlung wird nur bezüglich des Banats im zweiten Teil behandelt. In diesem finden wir die einzelnen Karten mit detaillierten Beschreibungen. Hier kann man verschiedene Karten, Stadtansichten – sogar auch zeitgenössische Postroutenkarten – aus verschiedenen Epochen bewundern. Nicht nur der ganze Donauraum, sondern auch einzelne Landschaften, Städte und Schlachtfelder kommen hier in unterschiedlichsten Interpretationen zum Vorschein. Man wird aber auch alleine durch das Betrachten dieser Karten zum Nachdenken angespornt. Die Stadtansicht von Ofen aus dem Jahre 1685 weist darauf hin, dass das Stadtbild aus der Ferne noch von Minaretten geprägt war, und dies fällt schon zum ersten Anblick auf. Auf den meisten Karten ist es ersichtlich, dass Tolnau, als der Fluss noch nicht geregelt wurde, noch direkt an der Donau lag, und die Siedlung somit auch zur Endstation für viele Kolonisten auf dem Flussweg Richtung neue Heimat war.
Wir empfehlen dieses Werk nicht nur Forschern oder Liebhabern der Kartografie, sondern auch denjenigen, die sich für zeitgenössische Karten aus der Ansiedlungszeit interessieren bzw. wissen möchten, wie sich das südöstliche Europa durch die Entstehung der Donaumonarchie der Habsburger veränderte.
Josef Wolf – Wolfgang Zimmermann (Hg.): Fließende Räume. Karten des Donauraums 1650-1800
Regensburg : Verlag Schnell & Steiner, 2017.
423 S., Ill.
Sprache: Deutsch
Die empfohlenen Bücher sind in der Sammlung der Ungarndeutschen Bibliothek – wenn nichts weiteres Angegeben – nur zur Leihe zugänglich.
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