Der allererste Zug aus Wudersch/Budaörs mit ungarndeutschen Vertriebenen fuhr am 19. Januar 1946 los. Der 19. Januar wurde 2012 zum Gedenktag der Verschleppung und Vertreibung der Ungarndeutschen erklärt. Das tragische Ereignis vor 76 Jahren war der Auftakt zu den Vertreibungen von hunderttausenden Ungarndeutschen aus den verschiedensten Regionen und Siedlungen des Landes, und endete erst 1948. Über die Enteignungen, Entrechtungen und Vertreibungen durfte man jahrelang nicht sprechen. Mit der Verarbeitung und Dokumentation der Schicksalsschläge setzte sich man erst Ende der 1980er Jahre auseinander.
Aus dem hier empfohlenen, 2019 erschienenen Buch kann man über die Geschehnisse und deren Folgen in Lindenbrunn/Hárskút auf eine besondere Weise erfahren. In diesem Büchlein befinden sich drei verschiedene, mit Archivfotos illustrierte Erinnerungsberichte, die von Angehörigen von drei Generationen stammen. Im ersten kann man über die Vertreibung aus Lindenbrunn von der 84-jährigen Ilona Szilágyi-Liptay lesen, die 1948 als 13-jähriges Kind mit ihrer Mutter nach Pirna (Deutschland), in die damalige Sowjetische Besatzungszone vertrieben wurde. Als der Familienvater aus der russischen Kriegsgefangenschaft nach Lindenbrunn heimkam, entschied sich die Mutter mit ihrer Tochter nach Ungarn zurückzufliehen. Wie das Wiedertreffen erfolgte, was für Schwierigkeiten sie erwarteten und wie das Leben der enteigneten, entrechteten Familie normalisierte, wird von der 84 Jahre alten Schwäbin ebenfalls erzählt. Über das Leben der Lindenbrunner in den 1950er und 1960er Jahren und darüber, wie sich die Kontaktpflege mit den vertriebenen Familienmitgliedern ermöglichte, berichtet uns Margit Heblinger geb. Auerbach, die zuerst als 3-jähriges Mädchen 1957 ihre vertriebenen Großeltern in der DDR mit ihrer Mutter besuchen dufte. Die Schwester ihrer Mutter lebte auch in der DDR, der Bruder floh in die BRD und wanderte nach Kanada aus, so lebten die drei Geschwister in drei verschiedenen Ländern. In den 1960er Jahren erlebte sie aber in Lindenbrunn ein wahres Wunder: die Familie erhielt das enteignete Haus ihrer Großeltern zurück, da der neue Besitzer bei der Regelung der Eigentumsverhältnisse auf sein Eigentumsrecht verzichtete. Dass heute viele Ungarndeutsche Verwandte in Deutschland und in weiten Teilen der Erdkugel haben, ist auch eine Folge der Vertreibung. Als Mitglied der dritten Generation erzählt uns Katalin Hudi über ihre Kindheitserlebnisse aus den 1980er Jahren bei ihrer Großeltern in Lindenbrunn, wo sie mit der schon in der DDR geborenen Cousine ihres Vater spielen durfte und inzwischen die deutsche Sprache erlernte. In der darauffolgenden umfassenden historischen Abhandlung von László Schindler werden die geschichtlichen Zusammenhänge vor, während und nach der Vertreibung erklärt. Zum Abschluss befindet sich im Buch der in der Neuen Zeitung erschienene Artikel über die zum 70. Gedenktag der Vertreibung organisierte Veranstaltung, an der auch die Lindenbrunner beteiligt waren.
Wir empfehlen dieses Buch allen, die sich für die Erinnerungen und Gedanken von Mitgliedern verschiedener Generationen in Bezug auf die Vertreibung der Ungarndeutschen interessieren.
Baumanné Hunyadi Margit (Red.): Három generáció
(Drei Generationen)
Hárskút : Német Nemzetiségi Önkormányzat, 2019.
61.S., Ill.
Sprache: Ungarisch, der in der Neuen Zeitung erschienene Artikel in deutscher Sprache
Die empfohlenen Bücher sind in der Sammlung der Ungarndeutschen Bibliothek – wenn nichts weiteres Angegeben – nur zur Leihe zugänglich.
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