Henrike Hampe (Hrsg.): Heimat im Koffer

Umschlag des Buches

Dieses Jahr ist es bereits 75 Jahre her, dass am 19. Januar 1946 der erste Zug aus Wudersch mit den vertriebenen Ungarndeutschen in das besetzte Deutschland losfuhr. Infolge der kollektiven Bestrafung der Volksgruppe wurden ab diesem traurigen Tag um die 167.000 Menschen in die damalige amerikanische und ab August 1947 um die 50.000 Ungarndeutsche in die damalige sowjetische Besatzungszone Deutschlands vertrieben. Der 19. Januar ist 2012 zum nationalen Gedenktag der Verschleppung und Vertreibung der Ungarndeutschen erklärt worden.

 

 

 

 

 

Das, was mit den in Ungarn Gebliebenen oder mit den ins Land Zurückgeflohenen geschah, und wie das Leben nach den Verschleppungen und Vertreibungen zu meistern war, ist vermutlich allgemein besser bekannt, als das, was mit den nach Deutschland vertriebenen Ungarndeutschen geschah. Dieses 2008 von dem Donauschwäbischen Zentralmuseum Ulm zusammengestellte Buch wurde als Begleitheft zur damaligen Ausstellung Heimat im Koffer herausgegeben. Ziel der Ausstellung war sowohl die Ereignisse der Flucht und Vertreibung der Donauschwaben als auch ihre Integration in Deutschland bzw. das emotionale Verhältnis zur alten Heimat mithilfe von entsprechenden ausgestellten Gegenständen darzustellen. Im Buch geht es aber nicht nur um die Ausstellung. Im ersten Teil befinden sich historische Beiträge zur Thematik Flucht, Vertreibung und Integration der Donauschwaben in Deutschland. So kann man im Beitrag von Christian Glass über die Ankunft und Integration der Flüchtlinge und Vertriebenen in Baden-Württemberg lesen. Heute ist es kaum vorstellbar, wie es damals im zerbombten, wirtschaftlich und gesellschaftlich zerstörten, besetzten und geteilten Deutschland die Ankunft von mehr als zwölf Millionen Flüchtlingen nicht zur humanitären Katastrophe geführt hat. 1950 gab es laut Volkszählung alleine in Baden-Württemberg 856.000 Vertriebene, darunter um die 98.000 Ungarndeutsche. Im Beitrag Das Gepäck der Heimatvertriebenen analysiert Elisabeth Fendl die Aussagen von verschiedenen Zeitzeugen bezüglich ihres Fluchtgepäcks und über die Flucht und Vertreibung. Im Beitrag Zettel, Imitate, Lebensgeschichten – Fluchtgepäck als museales Sammlungsgut von Henrike Hampe kann man hinter die Kulissen des Museums schauen. Besonderheiten der Beschaffung von Gegenständen der ständigen Ausstellung und die Entstehung der Ausstellung Heimat im Koffer wurden hier enthüllt. Im angehenden zweiten Teil des Buches findet man die Beschreibung der Ausstellung. Hier befinden sich einzelne Gegenstände und die sich daran knüpfenden kurz gefassten, persönlichen Geschichten ihrer einstigen Besitzer. Zu den Donauschwaben zählen auch die Ungarndeutschen. Erfreulicherweise können wir über sie sowohl in den Beiträgen als auch in der Ausstellungsbeschreibung vieles lesen. So können wir zum Beispiel den zerschnittenen und ins modische Kleid umgezauberten Trachtenrock von Theresia Kresz bewundern. Im Gegensatz zu der Vertreibung und der früheren Not nach der Ankunft war die Integration der Donauschwaben eine Erfolgsgeschichte, die auch zum Wirtschaftswunder in Westdeutschland wesentlich beitrug. Ein gutes Beispiel ist die Geschichte vom einstigen, aus Kokrsch stammenden Landwirt, Johannes Fritz, der Maurermeister wurde und mehr als zwanzig Häuser bauen ließ.

Das Buch, das zugleich ein Begleitheft einer früheren Ausstellung des Donauschwäbischen Zentralmuseums in Ulm war, empfehlen wir allen, die sich für die Thematik Flucht und Vertreibung der Donauschwaben und Ungarndeutschen sowie ihre Integration in Baden-Württemberg interessieren.

Henrike Hampe (Hrsg.): Heimat im Koffer. Flüchtlinge und Vertriebene aus Südosteuropa im Nachkriegsdeutschland
Ulm : Donauschwäbisches Zentralmuseum Ulm, 2008.
63. S., Ill.
Sprache: Deutsch

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