Elisabeth Knipf-Komlósi/Márta Müller (Hrsg.): Spracheinstellungen, Spracherhalt durch Schule, Identität

Umschlag des Buches

Was die Verwendung der deutschen Sprache in der ungarndeutschen Volksgruppe anbelangt, kann man die Zeitperiode der nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgten Schicksalsschläge – wie Verschleppungen, Enteignungen, Entrechtungen und Vertreibungen – auch als die „Epoche des Verstummens” bezeichnen. Trotz der langsamen Verbesserung der Lage bezüglich des kulturellen Lebens, waren die Jahrzehnte der sozialistischen Zeiten in Ungarn durch einen enormen Sprachverlust geprägt. Es gibt immer weniger ungarndeutsche Mundartsprecher, die einstige Muttersprache der Ahnen erlernen die meisten ungarndeutschen Kinder nur, wenn die Gelegenheit ihnen offen steht, in ihrer standardisierten Form, heutzutage gewöhnlich nur noch als Fremdsprache. Wie sieht die aktuelle sprachliche Lage der Volksgruppe aus? Welche sprachlichen Tendenzen, Wirkungen und Verhältnisse sind für die Ungarndeutschen charakteristisch?

 

 

 

 

Der hier vorgestellte, 2021 herausgegebene Studienband geht diesen und weiteren Fragestellungen nach. Darin kann man über aktuelle linguistische Forschungen erfahren, die die heutige Sprachsituation und Identität der Ungarndeutschen erörtern. Die Beiträge stammen von sieben PhD-StudentInnen der Linguistischen Doktorandenschule im Fachbereich Germanistik der Loránd-Eötvös-Universität Budapest. Die einzelnen wissenschaftlichen Abhandlungen sind in die Themenbereiche „Sprach- und Sprechereinstellungen”, „Identität und Sprache” sowie „Zweisprachigkeit im schulischen Kontext ” unterteilt.Als Einstieg dient eine von den Herausgeberinnen verfasste Übersicht, in der man u. a. über die soziohistorischen Veränderungsprozesse der Volksgruppe sowie über die heutige Sprachkompetenz der einzelnen Generationen lesen kann. Folgend kann man aus der Abhandlung von Réka Miskei-Szabó über die Einstellungen von praktizierenden PädagogInnen und Lehramtstudierenden gegenüber der deutschen Sprache erfahren. Szimonetta Waldhauser erforschte das Verhältnis zur Ortsmundart von zwei Altersgruppen aus dem Ungarischen Mittelgebirge. István Szívós setzte sich mit der Frage der Identitätskonstruktion der Ungarndeutschen auseinander. Gabriella Sós untersuchte ein bislang noch unerforschtes Gebiet, die sprachlichen und nicht-sprachlichen Auswirkungen der temporären Arbeitsmigration bei ungarndeutschen Frauen. Katalin Deé-Kovács befragte SchülerInnen der ungarndeutschen Mittelschulen über den Stellenwert und die Wichtigkeit der Grammatik im Deutschunterricht. Krisztina Kemény-Gombkötő befasste sich mit der Problematik der Trennung zwischen Schriftlichkeit und Mündlichkeit im Deutschunterricht auseinander, und beleuchtete dabei auch die Schwierigkeiten in der Kommunikation mit muttersprachlichen Sprechern bei Deutschlernenden. Die Arbeit von Viktória Nagy über die Sprachstandsmessungen an den deutschen Nationalitätenschulen rundet den bunten Strauß der Beiträge des Bandes ab.

Dieser linguistische Studienband kann nicht nur dem Fachpublikum, sondern auch den Laien nützlich sein. Wir empfehlen ihn allen, die sich anhand anspruchsvoller Beiträge über die aktuelle sprachliche Lage und Identität der Ungarndeutschen mehr erfahren möchten.

Elisabeth Knipf-Komlósi/Márta Müller (Hrsg.): Spracheinstellungen, Spracherhalt durch Schule, Identität. Neuere Untersuchungen zur Sprache der Ungarndeutschen
(Budapester Beiträge zur Germanistik 83.)
Budapest: Elte Germanisztikai Intézet, 2021.
202. S.
Sprache: Deutsch

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