Matthias Grecht / geboren am 8. Mai 1920

Umschlag des Buches

Die Geschichte eines Landes und unserer Volksgruppe kann auch so verstanden werden, dass sie eigentlich aus Einzelschicksalen besteht, die einerseits immer von einzelnen Personen, andererseits aber auch von den politischen Entscheidungen auf Landesebene bestimmt wird. Wenn man also die historischen Zusammenhänge, die Geschehnisse in einem Land, in einer Ortschaft oder in einer Familie eingreifender verstehen möchte, sollte man sich auch mit dem Schicksal des Einzelnen auseinandersetzen.

 

 

 

 

 

In dem hier empfohlenen Buch geht es um das Schicksal eines Ungarndeutschen aus Bohl/Bóly. Der Autor, Gábor Wehring, hat sich schon vor Jahrzehnten als Kind die spannenden Erzählungen seines Großvaters, Matthias Grecht, mit großem Interesse angehört. 2004 nahm er sich vor, diese Lebensgeschichten zu notieren und präsentierte dann die Aufzeichnungen 2005 der eigenen Familie und dem damals noch lebenden Großvater. Schließlich wurde das Material als Buch 2021 in Bohl einem größeren Publikum vorgestellt. Mithilfe von diesem, auf Deutsch verfassten, mit zeitgenössischen Dokumenten und wertvollen Archivfotos illustrierten Buch lernt man das wechselhafte Schicksal von Matthias Grecht ab den 1920er bis zu den 2000er Jahren kennen. Seine Geschichte wurde in acht Kapitel aufgeteilt. Nach seinen Kindheitserinnerungen werden seine Erlebnisse als einfacher Soldat während des Zweiten Weltkrieges detailliert erzählt, wobei aber auch ungewöhnliche Schicksalswendungen aufgedeckt werden. Es ist im Allgemeinen bekannt, dass Fremdsprachenkenntnisse Vorteile haben. Nicht anders war es auch während und nach dem Zweiten Weltkrieg. Als Soldat oder in der Gefangenschaft bedeutete es oft das Überleben, wenn man z. B. als Dolmetscher eingestellt wurde. Ausnahmen bestätigen aber die Regel. Interessanterweise galt dieses auch für Grechts Schicksal während des Krieges. Für ihn war es eher ein Nachteil, dass er – wegen seiner Abstammung natürlicherweise – die deutsche Sprache beherrschte. Nach der Don-Katastrophe und der erneuten Einrückung in die ungarische Armee 1944 stellte sich heraus, dass diejenigen, die die Schlachten am Donbogen überlebten, doch nicht erneut in den Krieg ziehen müssen. Als Ausnahme galten bei dieser ungewöhnlichen Musterung in Grosskanischa/Nagykanizsa aber diejenigen, die die deutsche Sprache beherrschten. So musste er ganz bis zum Kriegsende durchhalten.

Im Buch kann man aber auch über Geburt und Tod, über Glück und Unglück in der Familie, über die Geschichte der Siedlung, so auch über den Einzug der Sowjetarmee und die politischen Änderungen in Bohl lesen. Über die Umstände und den Lebensalltag während des Sozialismus kann man auch vieles erfahren. Die Geschichte endet mit seinen Rentnerjahren bis 2004, als er schon vier Urenkelkinder hatte.

Dieses Buch ist allen empfehlenswert, die über das wechselhafte Leben eines Ungarndeutschen lesen möchten, aus dem es sich herausstellt, dass Wendepunkte im Leben eines Einzelnen sowohl auf seine Zeitgenossen als auch auf seine Nachkommen auswirken.

Gábor Wehring: Matthias Grecht. geboren am 8. Mai 1920
[Bóly : Selbstverlag, 2021.]
158 S., Ill.
Sprache: Deutsch

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