Bächer Iván: Az elhagyott falu

Umschlag des Buches

Die ungarndeutsche Landkarte Die Deutschen in Ungarn – eine Landkarte mit den deutschen Ortsnamen zeigt uns nicht nur die Ortschaften mit allen deutschen geografischen Bezeichnungen, sondern auch Daten der Volkszählung 2011, die Kultur- und Bildungseinrichtungen der Ungarndeutschen (Stand: 2014) sowie die nach den Wahlen 2014 gegründeten Selbstverwaltungen der deutschen Nationalität. Bei genauerer Betrachtung der Landkarte sieht man, dass es auch Gemeinden gibt, die nur mit einem zitronengelben Kreis markiert sind und somit unter den anderen (mit grünem Kreis markierten) eine Ausnahme bilden. Diese Ortschaften haben heute keine bedeutende deutsche Bevölkerung mehr oder lieferten bei der Volkszählung im Jahre 2011 keine Angaben. Laut der Volkszählung im Jahre 1941 hatten sie jedoch noch einen deutschen Bevölkerungsanteil von mehr als 10% und waren mehrere Jahrhunderte lang – die meisten von ihnen bis zur Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg – überwiegend von Ungarndeutschen bewohnt.

 

 

 

 

Im Roman Az elhagyott falu (Das verlassene Dorf) von Iván Bächer geht es ebenfalls um ein solches Dorf: Um Großsekl/Nagyszékely in der Schwäbischen Türkei auf dem Tolnauer Bergrücken. Das einst mehrere tausend Einwohner zählende Sackgassendorf hat in der Gegenwart weniger als 430 Einwohner und zählt vermutlich nicht einmal ein Dutzend ungarndeutsche Mundartsprecher, da 80% der Bevölkerung, also praktisch fast alle Ungarndeutschen, nach dem Zweiten Weltkrieg vertrieben wurden. Die Handlung spielt in den 2000er Jahren: Im Dorf herrschen Arbeitslosigkeit, Verlassenheit, Armut und Aussichtslosigkeit. Die Reste der noch verbliebenen LPG-Immobilien kommen in Privatbesitz, immer weniger Menschen finden eine Stelle oder werden beschäftigt, viele leben von Saisonarbeit. Aus Geldknappheit ist es keine Seltenheit, dass der kleine Dorfladen wegen seiner Lebensmittel in der Nacht völlig ausgeraubt wird und mehrere Dorfbewohner gleichzeitig im Komitatsgefängnis in Seksard sitzen müssen. Die wenige, jedoch stabile Rente der älteren Einwohner sichert unter diesen Umständen einen gewissen Wohlstand. Der Protagonist, Jenő Gold, ist – wie auch der Autor selbst – Journalist aus Budapest und wird Hausbesitzer bzw. temporärer Bewohner in Großsekl. Er integriert sich schnell in das aus städtischer Perspektive betrachtet einzigartige Dorfmilieu und verwickelt sich in verschiedene, humorvolle und groteske Situationen. Gold schreibt Artikel für seine Zeitung in Budapest, für die er seine Themen aus der Gegenwart und Vergangenheit des Dorfes nimmt. Diese bilden eigentlich die einzelnen Kurzgeschichten des Romans. Eine der Schlüsselfiguren ist Golds alte schwäbische Nachbarin Tante Lizi, die den Publizisten öfters über die Zeiten vor dem Zweiten Weltkrieg, als noch Wohlstand und Ordnung in Großsekl geherrscht hat, erzählt, die sie selber erlebt hat. So können wir nicht nur die traurige, jedoch humorvoll dargestellte Gegenwart der Siedlung, sondern durch Lizis Erinnerungen auch die Mentalität der letzten ungarndeutschen Ureinwohner von Großsekl kennenlernen.

Dieses Werk empfehlen wir allen, die die traurige, trübe Gegenwart und die einst blühende Vergangenheit des ursprünglich von Ungarndeutschen bewohnten Großsekl durch humorvolle und realitätsnahe Geschichten eines bekannten Journalisten kennenlernen möchten.

Bächer Iván: Az elhagyott falu
(Das verlassene Dorf)
[Budapest] : Ab Ovo, 2010.
Második, javított kiadás (Zweite, verbesserte Auflage)
170 S.
Sprache: ungarisch

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