Nandor Gion: Der Soldat mit der Blume

Umschlag des Buches

Nandor Gion (1941-2002) war einer der bekanntesten ungarischen Minderheitenautoren aus dem ehemaligen Jugoslawien der 60er und 70er Jahre. Von seinen Werken ist lediglich dieses ins Deutsche übersetzt worden. Der Soldat mit der Blume ist der erste Band seiner Tetralogie Latroknak is játszott. Er wurde in Szenttamás (Thomasberg), im südlichen Teil der Batschka geboren, wo der Roman auch spielt.

 

 

 

 

 

 

 

Die Handlung wird aus zwei Perspektiven erzählt, womit ein komplexes Bild entsteht. Auf der einen Seite steht der donauschwäbische Müller Stefan Krebs, der kurz vor der Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert mit seiner Familie in den Ort zieht, um sein Glück zu machen und reich zu werden. Auf der anderen Seite erscheint der Ich-Erzähler, István Gallai, der sein Brot in seiner Jugendzeit als Zitherspieler verdient und seine Zeit mit Träumereien verbringt. Man bekommt durch die beiden Perspektiven einen Einblick in die Zeit, die um den Ersten Weltkrieg spielt. Eine Zeit, die auf der einen Seite noch die alte war, wo man sich noch als Bürger der Monarchie sah. Der Leser wird durch die Erzählung in eine Zeitperiode versetzt, wo das Dorfmilieu und das friedliche Zusammenleben von verschiedenen Nationalitäten (Ungarn, Serben, Deutsche, Juden und Zigeuner) noch eine gewisse Sicherheit und Ordnung zu bieten hatte. Auf der anderen Seite ist aber schon der Keim des aufkommenden Nationalrassismus zu spüren. Faszinierend ist es jedoch, dass der Autor im ganzen Werk – obwohl er selber ein Minderheitenautor ist – hinsichtlich der Nationalitäten unbefangen bleiben kann.
Der Roman lässt sich sehr leicht lesen. Der Schreibstil ist sehr einfach und mitreißend, er ist mit dem magischen Realismus von Gabriel García Márquez zu vergleichen. Die Orte und Personen existierten in der Wirklichkeit, ob alles so geschehen ist, wie es im Roman steht, ist einerseits fragwürdig, andererseits aber auch unwichtig. Bedauerlich ist es eher, dass nur der erste Teil der Tetralogie bislang ins Deutsche übersetzt wurde.

Wir empfehlen den Roman Allen, die gerne eine Geschichte lesen möchten, die in einer von verschiedenen Nationalitäten bewohnten Ortschaft spielt, wo es noch ein märchenhaftes, doch scheinhaft reales Dorfmilieu herrscht. Was man sich öfters auch wünscht. Wem es gefallen hat und auch die ungarische Sprache beherrscht, soll die weiteren Teile der Tetralogie unbedingt lesen.

Nandor Gion: Der Soldat mit der Blume
Übersetzung des 1. Bandes Virágos Katona der Tetralogie Latroknak is játszott
Übersetzt von: Hans Skirecki
Berlin: edition q Verlag, 1993
219 S.
Sprache: Deutsch

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